Gesunde Mitarbeitende machen Unternehmen wettbewerbsfähiger
Sasha Javanmardi vom Institut für Sportwissenschaft über Gesundheitsförderungsmaßnahmen am Arbeitsplatz
Am 25. September laden die Bergische Universität Wuppertal, die Bergische IHK und die Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft gemeinsam mit der Stadt Remscheid sowie der Neuen Effizienz, Solingen Business und dem Technologiezentrum Wuppertal zum 7. Bergischen Innovations- und Bildungskongress (BIBK) nach Remscheid ein.
Das Schwerpunktthema in diesem Jahr lautet: Widerstandsfähigkeit stärken in KMU (Kleinen und Mittleren Unternehmen): Ansätze für das Bergische Städtedreieck. In der Zeit von 14.00 bis 19.00 Uhr gehen die Veranstalter mit ihren Gästen in Vorträgen und Workshops der Frage nach, was Zukunftsfähigkeit und Resilienz für Unternehmen bedeuten. Einer der drei Workshops beschäftigt sich mit Maßnahmen der Gesundheitsförderung. Sasha Javanmardi, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Bewegungs- und Trainingswissenschaft an der Bergischen Universität referiert in einem Kurzvortrag zum betrieblichen Gesundheitsmanagement.
Herr Javanmardi, Sie kommen aus dem Arbeitsbereich Bewegungs- und Trainingswissenschaft des Instituts für Sportwissenschaft an der Bergischen Universität. Zu Ihren Schwerpunkten gehören das betriebliche Gesundheitsmanagement, die Leistungsdiagnostik sowie die Trainingsberatung. Wie sieht denn ein betriebliches Gesundheitsmanagement aus, und welche Rolle spielt die psychische Resilienz der Mitarbeiter*innen dabei?
Javanmardi: Ein betriebliches Gesundheitsmanagement ist ein strategischer und nachhaltiger Prozess, der sowohl präventive als auch rehabilitative Maßnahmen umfasst. Es sollte außerdem auch skalierbar sein, um dementsprechend ein allumfassendes Monitoring zu ermöglichen. Dadurch sind wir in der Lage, Produktivität, Wohlbefinden und messbare gesundheitliche Faktoren in eine positive Tendenz zu bringen und uns an aktuelle Herausforderungen anzupassen.
Die psychische Resilienz spielt hierbei eine wichtige Rolle. Laut der Definition der WHO (World Health Organization / Weltgesundheitsorganisation) ist Gesundheit ja ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens; dementsprechend ist die Psyche ein wesentlicher Faktor, dem zunehmend Beachtung geschenkt wird. Resilienz kann man ja auch als Anpassungsfähigkeit definiert werden. Genau da schließt sich der Kreis wieder zum betrieblichen Gesundheitsmanagement.
Nun sind ja die wenigsten Führungskräfte auf diesem Gebiet geschult. Woran macht sich denn ein mangelndes Gesundheitsförderungssystem bemerkbar?
Javanmardi: In erster Linie sind es die hohen Fehlzeiten. Daraus ableitend wären beispielsweise hoher Stress als psychischer Faktor und Muskel-Skelett-Erkrankungen als physischer Faktor zu nennen. Weitere bedeutende Faktoren sind eine hohe Fluktuation der Mitarbeitenden sowie damit einhergehende verminderte Produktivität, Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit.
Sie sagen, die Arbeitsfähigkeit hängt mit Bewegung zusammen, doch in vielen Betrieben herrscht eher ein Bewegungsmangel. Welche Folgen kann das haben?
Javanmardi: Die Folgen von Inaktivität sind z. B. die gerade genannten Muskel- Skelett-Erkrankungen, eingeschränkte Beweglichkeit und Fettleibigkeit. Im psychischen Bereich können bspw. Depressionen auftreten. Zudem kann die kognitive Leistungsfähigkeit negativ beeinflusst werden.
Auf dem diesjährigen BIBK werden Sie einen Vortrag halten, der Führungskräften Maßnahmen der Gesundheitsförderung aufzeigt, damit das Unternehmen robuster und wettbewerbsfähiger wird. Können Sie da mal ein Beispiel nennen?
Javanmardi: Bleiben wir beim Thema Bewegung. In der Industrie z.B. haben wir bei Industriemitarbeitenden die Bewegungsaktivität untersucht und festgestellt, dass die Mitarbeitenden im Durchschnitt weit über den WHO-Empfehlungen lagen. Wir können hier also nicht von einem Bewegungsmangel sprechen. Stattdessen gibt es andere Bewegungsproblematiken, wie z. B. Muskel-Skelett-Erkrankungen aufgrund der sich wiederholenden Tätigkeiten oder des Tragens von schweren Lasten.
Im Büro wiederum haben wir festgestellt, dass viele die WHO-Empfehlungen nicht einhalten und häufig unter den 8000 – 10.000 Schritten pro Tag bleiben. Das bedeutet, wir müssen hier mit unterschiedlichen Bewegungsprogrammen arbeiten, da unterschiedliche Problematiken bestehen.
Eine ganzheitliche Betrachtung ist dabei essenziell. Ein Beispiel hierfür sind höhenverstellbare Schreibtische, mit denen die Möglichkeit besteht, die Inaktivität zumindest durch eine Verhaltensänderung zu reduzieren. Allerdings muss man im Vorfeld analysieren, wer wirklich einen solchen Tisch benötigt. Für Menschen mit Hüft- oder Knieproblemen kann ein langes Stehen nicht gesundheitsfördernd sein, während es anderen präventiv helfen kann und eine mögliche Verhaltensänderung anstößt.
Beim betrieblichen Gesundheitsmanagement geht es darum, Gesundheit zu erhalten und zu fördern. Dafür muss man jedoch vorher wissen, wie gesund die Personen im Betrieb sind. Das kann man nicht von außen entscheiden.
Mittlerweile gibt es aber auch für kleine und mittlere Unternehmen -beispielsweise von der IHK Siegen- Fortbildungen für betriebsinterne Mitarbeiter*innen zum sogenannten Gesundheitsscout, denn nicht alle Betriebe haben einen Gesundheitsbeauftragten. Können kleinere Unternehmen bei steigenden Herausforderungen mit eigenen Mitarbeitenden so eine gesunde Arbeitsatmosphäre schaffen?
Javanmardi: Das ist ein Faktor, der eine Rolle spielen kann, denn ein Gesundheitsscout kann ein Vorbild im Betrieb sein. Man hat den riesigen Vorteil, dass man das betriebsinterne Wissen mit den gesundheitlichen Basics verknüpfen kann. Man kennt die Mitarbeitenden und kann so ein betriebliches Gesundheitsmanagement unterstützen.
Gibt es das Angebot des Gesundheitsscouts auch im Bergischen Land?
Javanmardi: Ich habe kein explizites Angebot für Gesundheitsscouts im Bergischen Land gefunden. Es gibt sogenannte Multiplikatorenausbildungen bei Krankenkassen, die in diese Richtung gehen. Ein Gesundheitsscout ist aber spezieller, und ich würde mir wünschen, dass es so etwas im Bergischen Städtedreieck gibt.
An wen kann man sich denn wenden, wenn man weitere Informationen haben möchte und die betriebliche Gesundheitsförderung seiner Mitarbeitenden fördern will?
Javanmardi: Da gibt es viele unterschiedliche Stellen, aber man muss vorher immer wissen, was man sich wünscht und welches Ziel man verfolgt. Wenn man sich an der Universität z. B. in meinem Bereich erkundigt, dann bekommt man eher innovative Impulse und Ideen sowie wissenschaftliche Strukturen und Messungen, die Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen. Externe Dienstleister könnten eine Möglichkeit sein oder auch Krankenkassen, die IHK oder Berufsgenossenschaften. Das hängt immer davon ab, welches Ziel der Betrieb verfolgt und wie das Betriebliche Gesundheitsmanagement für eine ganzheitliche Betrachtung aufgestellt ist.
Unter Beteiligung der Universitätsrektorin Prof. Dr. Birgitta Wolff, dem Oberbürgermeister der Stadt Remscheid, Burkhardt Mast-Weisz und dem Vorsitzenden der Bergischen IHK, Henner Pasch, geben Expert*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft neue Denkanstöße und Anregungen für die Zukunft. Ergänzend stellen regionale Unternehmen Erfolgsgeschichten aus der Praxis vor.
Die Veranstaltung findet im neuen Lindenhof, Honsberger Straße 38, in Remscheid statt. Anmeldungen Bergischer Unternehmen sind über https://www.eventbrite.de/e/bergischer-innovations-und-bildungskongress-tickets-927740646247?aff=ebdshpsearchautocomplete möglich. Die Moderation übernimmt Anja Backhaus vom WDR.
Uwe Blass
Sasha Javanmardi ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Bewegungs- und Trainingswissenschaft am Institut für Sportwissenschaft an der Bergischen Universität.