„Ich schalte das Licht an, und schon bin ich fertig!“
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Jung und die UV-härtenden Druckfarben im Lehr- und Forschungsgebiet Digital- und Offsetdruck
Zeit ist Geld… auch in der Druckindustrie steigen die Ansprüche an Maschine und Mensch von Jahr zu Jahr. Prozesse müssen ständig optimiert werden, Verzögerungen führen zu Verlusten, die Konkurrenz ist immens groß.
Seit 2009 lehrt und forscht der gelernte Physiker, Prof. Dr.-Ing Ulrich Jung, an der Bergischen Universität. Sein Fachgebiet in der Fakultät für Elektrotechnik, Informationstechnik und Medientechnik: Digital- und Offsetdruck für das Forschungsfeld Druck- und Medientechnologie.
„Druckverfahren sind eigentlich industriell sehr alte Verfahren“, sagt Jung, doch die chemisch-physikalischen Grundlagen sind bis heute nicht völlig verstanden. Das liegt besonders an der Komplexität der Vorgänge. Sie funktionieren deshalb so gut, weil sehr viel Empirie eingebunden werden kann. Man weiß aus Erfahrung, wie es funktioniert, „doch es gibt für uns Forscher noch viele große weiße Flächen in unserem Verständnis.“
„Wir erforschen die physikalischen und chemischen Zusammenhänge, die bei den Druckverfahren, also den Offsetdruck- und Digitaldruck- Verfahren, ablaufen.“
Ein wirtschaftlich interessantes Forschungsgebiet in diesem Zusammenhang ist der Bereich der Strahlenhärtung. Im Allgemeinen wird mit flüssigen Farben gedruckt, die aber noch einige Zeit zum Trocknen brauchen. Der Prozess der Strahlenhärtung - ein ähnliches Vorgehen kennt der Laie aus der Zahntechnik- hat den großen Vorteil, dass das mit energiereicher UV-Strahlung beleuchtete Material in weniger als einer Sekunde aushärtet. Jung verweist auf die immer kürzer werdenden Durchlaufzeiten und Marketingkampagnen beispielsweise in der Verpackungsindustrie und weiß um die Vorteile dieses Druckverfahrens, welches eine sofortige Weiterverarbeitung möglich macht.
Trotzdem ist das strahlenhärtende Druckverfahren nicht unumstritten, die Prozesskontrolle ist komplex und es lässt sich nicht hundertprozentiger Sicherheit sagen, ob die Farbe wirklich komplett durchgetrocknet ist. Der chemische Vorgang der Polymerisation, also einer Synthesereaktion innerhalb der Druckfarbe, kann dazu führen, dass Bestandteile der Farbe diffundieren und so vielleicht ihren Weg in den Verpackungsinhalt finden. Negativbeispiele aus der Lebensmittelbranche hat es bereits in den 90er Jahren gegeben.
Mineralölreste in Adventskalendern
Daher beschäftigen sich auch viele Fachtagungen mit diesem Thema. Man möchte eine sichere Messmethode entwickeln, um irgendwann die gewünschte Unbedenklichkeit attestieren zu können, denn die latente Gefahr des Diffundierens unausgehärteter Farbenanteile bleibt vorerst bestehen. Als Beispiel nennt Jung Mineralölreste in Adventskalendern, die auf verpackte Schokolade übergehen kann. Im Auftrag der Lebensmittelindustrie testen Probanden daher Schokolade im Hinblick auf geschmackliche Veränderungen der verpackten Güter.
Andere Betriebe umgehen solche Probleme und setzen aus Prinzip nur bestimmte Verpackungen ein. Die Pharmaindustrie z.B. arbeitet ausschließlich mit Sichtverpackungen. Das Verpackungsgut ist für den Käufer direkt in der Primärverpackung, dem sogenannten Blister, zu sehen. Ökologisch bedenklich, bietet diese Verpackung aber aktuell noch die höchste Sicherheit.
An dieser Stelle macht Professor Jung noch einmal deutlich, wie wichtig das interdisziplinäre Arbeiten in diesem Bereich wäre. „Wir sind keine Chemiker oder Physiker. Wir kennen die Anwendung und das Verständnis und beleuchten das Verfahren von unserer fachlichen und methodischen Seite.“
„Alles was glänzt, wird als besonders wertig empfunden.“
Der Verpackungsmarkt boomt. Der VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau) stellte am Rande einer Fachmesse in diesem Jahr die Marktdaten zum Verpackungsdruck vor. Für das Jahr 2020 wird ein weltweiter Gesamtumsatz von 286 Mrd. US-Dollar prognostiziert, was einer Steigerung von 44 Mrd. US-Dollar gegenüber dem Wert von 2015 entspricht. ***
Jung weiß, dass gerade im Verpackungsbereich viel Müll produziert wird, aber „alles was glänzt, wird als besonders wertig empfunden“. Besonders im Bereich von Kosmetika glänzen Verpackungen im Konkurrenzkampf um die Wette, werden gar noch um extra Folien ergänzt. Das alles ist der Umwelt wenig zuträglich. „Ressourcenschonender“, meint der gebürtige Limburger, „wäre ein Lackdruck, der nur dort färbt, wo es nötig ist. Aber die Industrie wird ökologische Aspekte nicht vorantreiben, ein Umdenken der Bürger wäre letztendlich schädlich für die Wirtschaft“, so sein ernüchterndes Fazit.
Der Studiengang Druck- und Medientechnologie ist 2012 eingestellt worden und man kann dieses Fach in Wuppertal nur noch als Kombi-Bachelor studieren. „Die Drucktechnik wird nicht verschwinden,“ ist sich Jung sicher, „aber die Attraktivität, in diese Industrie hinein zu gehen, ist bei jungen Menschen extrem gering.“ Der Bedarf ist trotzdem da, und die Fakultät kreiert auch einen neuen Medienstudiengang, in dem es aber vorrangig um die elektronischen Medien gehen wird.
„Die Anlage misst immer, aber ob sie Mist misst, oder richtig misst, ist die Frage.“
Die Druckmaschinen werden immer größer und komplexer und haben mittlerweile eine integrierte Inspektionsanlage. So wird u.a. während des Druckprozesses die Qualität der Farbe ständig kontrolliert. Diese Komplexität der Maschinen können klassisch ausgebildete Drucker gar nicht mehr bedienen. Und da braucht man dann Ingenieure, die nicht nur die Funktionsweise verstehen, sondern auch als Qualitätskontrolleure die Messungen überprüfen können.
Der Barrierelack und die Chipstüte
Die Bandbreite von drucktechnischen Themen im Lehr- und Forschungsgebiet Digital- und Offsetdruck an der Bergischen Universität ist schier unerschöpflich.
So bietet das Fach u.a. spezielle Vorlesungen zum Sicherheitsdruck an, in denen die Studierenden Kenntnisse über die Sicherheitsmerkmale auf Geldscheinen erwerben können, die aber auch auf Tickets oder Bahnkarten anwendbar sind. Im Auftrag der Firma Phillips untersuchte Jung leitfähige Kupfertinten, die auf Glas gedruckt werden und tüftelte als Alternative zur gestanzten Blindenschrift mit einem Blählack, der beim Kontakt mit Druckmaterial aufploppt. Oder er arbeitet mit Barrierelacken. Das beste Beispiel dafür kennt jeder, der einmal Chips gegessen hat. Die Innenseite der Tüte ist mit einem Metalllack versiegelt, der die aufgedruckte Haltbarkeit gewährleistet, und keinen Sauerstoff einlässt.
Seine aktuellen Projekte sind ökologisch ausgelegt. Er arbeitet an der Wiederverwendung von Ausschussware beim Flexodruck sowie an nachleuchtenden, lösungsmittelfreien Farben, die mit UV-Farben hergestellt werden sollen.
„Produkte, die bedruckt werden, sind oft keine Druckprodukte.“
Die Druckmaschinenindustrie wächst nicht mehr, weiß Jung aus eigener, langjähriger Erfahrung und eine neue Maschine ersetzt zwei bis drei alte Maschinen, aber die Druckprodukte verändern sich. Bedruckte Produkte entstehen, die der Laie und Kunde nicht als Druckprodukte interpretiert. Dazu gehören Tachoanzeigen im Auto, Laminat, in welches eine Maserung eingedruckt wird oder der große Bereich des Dekordrucks in Form von Kacheln und Fliesen.
Seinen Studierenden wünscht er mehr Zeit um sich auszuprobieren und sagt abschließend: „Die Zukunft ist ungewiss, und wo unsere Studierenden ihre Stärken entwickeln, ich glaube, das können die junge Menschen noch gar nicht vorhersehen. Sie sehen im Studium teilweise noch gar nicht, was sie wirklich gut können.“
Uwe Blass (Gespräch vom 13.10.2017)
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Jung studierte an der TH Darmstadt, promovierte 1992 am dortigen Institut für Druckmaschinen und Druckverfahren und arbeitete bis 2008 in der freien Wirtschaft. 2009 kam er an die Bergische Universität und übernahm dort das Lehr- und Forschungsgebiet Digital- und Offsetdruck für das Forschungsfeld Druck- und Medientechnologie.