Philosophie - Lass uns reden!

Habt ihr euch schon mal über das Denken Gedanken gemacht? Wer gerne Dinge hinterfragt, neue Erkenntnisse gewinnen und andere Perspektiven kennlernen möchte, für den ist das Fach Philosophie genau richtig. Dennis Klusedick studiert Philosophie an der Bergischen Universität Wuppertal und konnte mir einige Fragen zu seinem Studium beantworten.
Was genau studiert man, wenn man Philosophie studiert?
Das ist eine schwierige Frage. Letztendlich lernt man „Denken“, man studiert das Denken. Man lernt, die Dinge so zu betrachten, wie sie wirklich sind. Es geht um deren Inhalt, und nicht um die Form, um die Analyse komplizierter Sachverhalte und präzises begriffliches Denken. Man studiert natürlich ganz formal die verschiedenen philosophischen Disziplinen, Metaphysik, Erkenntnistheorie, Ethik, Analytische Philosophie und einige mehr. Ein weiterer Studieninhalt ist sicherlich die lange Philosophiegeschichte und mit ihr die Rekonstruktion der Gedanken wichtiger Philosophen. Das Studieren dieser Philosophen bedeutet aber nicht das bloße Auswendiglernen von dem, was sie gesagt und gedacht haben. Vielmehr geht es darum, das Gelernte in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen und kritisch zu hinterfragen bzw. weiterzuentwickeln.
Welche Interessen oder Stärken sollte man haben?
Auf jeden Fall muss man gerne lesen! Man sollte zudem Interesse an dem großen Ganzen haben. Dafür ist Disziplin notwendig und die Fähigkeit, sich intensiv und so lange mit den philosophischen Texten und Sachzusammenhängen auseinanderzusetzen, bis man sie wirklich – also auch in der Tiefe – verstanden hat. Erst dann kann man mit dem Philosophieren, also mit dem kritischen Hinterfragen und der eigenständigen Weiterentwicklung philosophischer Gedanken beginnen. Die Fähigkeit zum analytischen Denken ist sicherlich eine gute Voraussetzung für das Studium. Auch sollte man generell Spaß haben zu diskutieren und seine Meinung fundiert, also mit Argumenten untermauert, wiederzugeben.
Was gefällt dir an deinem Studium besonders?
Besonders gefällt mir der Inhalt der Philosophie selbst. Die Auseinandersetzung mit komplizierten Fragen über die Gesamtzusammenhänge des menschlichen Lebens, der Gesellschaft usw. Auch, dass man in der Philosophie einen sehr breiten Blickwinkel einnimmt und dadurch bei fachfremden Themen ernsthaft mitreden kann.
Gibt es eine Geschichte/Anekdote, an die du gerne zurückdenkst?
Da gibt es tatsächlich zwei. Ich habe ein Seminar mit dem Titel „Buddhistische Erkenntnistheorie“ besucht. Man kennt diese esoterischen Gespräche über Buddhismus, als Basis für verschiedene Lebensratgeber. Durch das Lesen der Texte, in denen der Buddhismus philosophisch verankert ist, habe ich erst ein wirkliches Verständnis davon bekommen, was die aus den Ratgebern bekannten buddhistischen Plattitüden überhaupt bedeuten. Ein Kernelement der buddhistischen Erkenntnistheorie ist der Ausspruch „Tat twam asi“, was wörtlich übersetzt „Das andere deiner Selbst bist du selbst“ und etwas freier „Du bist die Welt“ bedeutet. Auf einer einfachen, aber basalen Ebene sagt es aus, dass man die Welt um einen herum in jedem einzelnen Moment gestalten kann. Ein „Das ist halt so, ich kann es nicht ändern“ verliert dann an Bedeutung.
Ich würde sagen, dass diese Erkenntnis so sehr in mein Denken eingegangen ist, dass ich es als eines meiner wenigen Lebensprinzipien bezeichnen würde. Eine weitere schöne Erinnerung hat ebenfalls mit einem Moment meiner persönlichen Entwicklung zu tun. Ich hatte eine Prüfung zu Hegels „Phänomenologie des Geistes“ angemeldet und stand kurz vor der Verzweiflung, weil der Text einfach sehr, sehr kompliziert ist. Als ich das Buch aber durchgelesen, durchgearbeitet und letztlich auch dessen Inhalt und Kernaussagen verstanden hatte, war ich wie beflügelt. Der Gedanke, dass es keinen Text gibt, den ich mit genügend Aufwand nicht verstehen könnte, motiviert mich bis heute.
Das Interview führte Pierre Schröder