Wie hoch ist das Risiko? DLR und Uni Wuppertal entwickeln Analysesystem zum Schutz kritischer Infrastrukturen
Aktuelle Ereignisse, wie die Überflutungen in der Eifel im Juli 2021, oder der Hurrikan „Ida“ im August / September 2021, machen deutlich, wie stark moderne Gesellschaften von funktionierenden Infrastrukturen abhängig sind. Doch nicht nur extreme Wetterlagen und andere Naturereignisse, sondern auch kriminelle, aktivistische oder terroristische Aktivitäten stellen eine ernstzunehmende Bedrohung für die öffentliche Versorgung dar.
Das DLR-Institut für den Schutz terrestrischer Infrastrukturen (PI) widmet sich im Schwerpunkt dem optimalen Schutz von Einrichtungen, welche für die öffentliche Versorgung, Ordnung und Sicherheit relevant sind. Dazu zählen unter anderem die Strom- und Wasserversorgung, Straßen, Bahnlinien, Flughäfen, Krankenhäuser und Lager mit großen Mengen an Treibstoff oder Chemikalien. Ebenso vielfältig wie die Art der Infrastrukturen, ist die Art der Bedrohung. Die Bedrohungen durch Cyberattacken sind medial sehr präsent, aber auch die Anzahl der physischen Attacken auf wichtige Einrichtungen, hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.
Das aktuelle Kooperationsprojekt des DLR mit dem Institut für Sicherungssysteme der Universität Wuppertal konzentriert sich auf den physischen Schutz kritischer Infrastrukturen. Moderne Sicherungssysteme sind ein Zusammenspiel verschiedener Komponenten: zunächst Schutzelemente, wie Zäune, Türen, Schlösser und Mauern; hinzu kommen Überwachungseinrichtungen, wie Kameras, oder Bewegungssensoren. Wachdienste sorgen schließlich für die Möglichkeit der Intervention im Falle einer Bedrohung. Für die objektive Bewertung auch komplexerer Sicherungssysteme wurden an der Bergischen Universität wissenschaftliche Methoden entwickelt.
„Infrastrukturen sind die Lebensadern unserer modernen Gesellschaft. Deshalb wird der Schutz gegen unterschiedlich motivierte Angreifer in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. In Zusammenarbeit mit den Betreibern solcher Infrastrukturen wollen wir daher neue Ansätze für die Analyse entwickeln. Hieraus sollen in der Praxis Schutzkonzepte entstehen, die auf dem besseren Verständnis für Angriffsverläufe und deren Vorhersage basieren. Mit dem Institut für Sicherungssysteme haben wir den richtigen Partner, um diese Ziele zu erreichen“, sagt Dr.-Ing. Daniel Lichte vom DLR-Institut für den Schutz terrestrischer Infrastrukturen.
Um das Risiko einer bestimmten Anlage bewerten zu können, muss zunächst ermittelt werden, wie hoch die Bedrohung eines Objektes ist. Das heißt wie interessant ist zum Beispiel die Zerstörung eines Umspannwerkes für Terrorist*innen? Wie leicht können Angreifende ihr Ziel erreichen? Mit welchem Schaden und welchen Auswirkungen ist zu rechnen? Diese Risikobetrachtung berücksichtigt viele Details, welche in die Modelle einfließen. So ist etwa das Gelände, die Topografie und geografische Lage von großer Bedeutung für eine Risikobewertung.
„Cyberangriffe auf Unternehmen und öffentliche Einrichtungen sind in der medialen Berichterstattung durchaus präsent, während die Bedrohung durch physische Angriffe noch nicht ins Bewusstsein der Gesellschaft gedrungen ist. Mit der Analyse von Sicherungssystemen und Schutzmaßnahmen in digitalen Modellen werden wir physische Sicherheit objektiv und schnell bewerten können, z. B. um Gegenmaßnahmen oder zukünftige Investitionen in die Sicherheit kritischer Infrastrukturen zu steuern“, sagt Prof. Dr.-Ing. Kai-Dietrich Wolf.
Ziel der gemeinsamen Studie ist, ein Analysesystem zu kreieren, welches anhand einer Vielzahl von Daten digitale Modelle von Objekten erstellt und eine individuelle Risikobewertung ermöglicht. Behörden und Betreiber kritischer Infrastrukturen sollen dadurch ein Werkzeug erhalten, mit dem Schwachstellen zuverlässig identifiziert und Gegenmaßnahmen wirksam geplant werden können.
Die Zusammenarbeit von DLR und Uni Wuppertal ist langfristig angelegt und wurde bereits in einem Forschungs- und Entwicklungsvertrag besiegelt. Das Projekt dient als Ausgangspunkt für die wissenschaftliche Kooperation, die mittelfristig in den Aufbau einer gemeinsamen Forschungsgruppe münden soll.
Kontakt:
Prof. Dr. Kai-Dietrich Wolf
Institut für Sicherungssysteme
Telefon 02051/9332215
E-Mail wolf{at}iss.uni-wuppertal.de