Pläne, Ziele, Arbeitsprogramm 2023: Im Gespräch mit Rektorin Prof. Dr. Birgitta Wolff
Frau Wolff, über 100 Tage sind Sie nun im Amt. Zum Jahresauftakt lohnt der Blick auf das, was kommt! Fassen Sie gute Vorsätze?
Mit guten Vorsätzen ist es ja immer so eine Sache. Der beste Vorsatz ist, sich nicht zu viel vorzunehmen. Sonst ist die Gefahr groß, dass man sich schnell verzettelt und das führt zwangsläufig zu Enttäuschungen. Aber da Sie danach fragen, natürlich habe ich beruflich den Vorsatz, meine strategischen Ziele in diesem Jahr erfolgreich anzugehen. Unser Rektoratsteam hat in den ersten Monaten der Zusammenarbeit viel sondiert, viele Menschen in und außerhalb der Uni getroffen. All diese Eindrücke haben wir direkt zu Beginn des Jahres in einem gemeinsamen Workshop besprochen und sortiert. Wir haben viel vor!
Haben Sie konkrete Beispiele? Gibt es bestimmte Schwerpunkte?
Unsere Mission als Bergische Universität ist ja, die großen gesellschaftlichen Herausforderungen nicht nur zu beschreiben, sondern konkret zu Lösungen beizutragen. Denken Sie beispielsweise an Nachhaltigkeitsfragen, für die wir im Bergischen Land mit dem „Circular Valley“ ein wunderbares Narrativ haben. Dass wir ein Umwelt- und Klimaproblem haben, haben nun alle begriffen. Jetzt geht es darum, wissenschaftlich fundierte Lösungsansätze zu verbreiten und wirksam zu machen. Das geht von kleinen Ideen mit jedoch großer Multiplikatorwirkung, z. B. der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsexpertise in die Lehramtsstudiengänge, bis hin zur Expertise für große und technisch anspruchsvolle Lösungen, z. B. zur Beseitigung von Mikroplastik aus Trinkwasser, ressourcenschonendes Bauen oder auch zur Energiewende und zukunftsfähigen Stadtentwicklung. Und das sind, wie gesagt, nur einige Beispiele. Bei unseren Lösungsansätzen sind Forschung, Lehre und Transfer gleichermaßen gefragt, quer durch alle Disziplinen.
Zum Thema Nachhaltigkeit noch: Jetzt, zu Beginn des Jahres, starten wir mit einer Nachhaltigkeitswebseite, die zeitnah online gehen wird. Auf dieser bündeln wir die Aktivitäten der Bergischen Universität rund um dieses wichtige Thema, sodass seine strategische Bedeutung auch besser sichtbar wird.
Wir arbeiten am Ausbau der themenoffenen, internen Forschungsförderung und Fragen der Personalentwicklung und Diversität. Dazu wird es im Laufe des Jahres konkrete Nachrichten geben.
Weitere Schwerpunkte werden auch von außen an uns herangetragen: Unsere Ministerin hat mir in puncto Lehre zwei ganz konkrete Bitten ans Herz gelegt, die den Bedarf des Landes widerspiegeln: mehr Lehrkräfte und mehr MINT-Absolvent*innen ausbilden. Das passt glücklicherweise zu unserer Mission. Wir wollen durchaus mehr Studierende für unsere Lehramtsstudiengänge sowie die MINT-Fächer gewinnen. Zur Erhöhung der Zahl der Lehramtsstudienplätze haben wir dem Land bereits ein konkretes Angebot unterbreitet, denn die Finanzierung ist bei allem Zusätzlichen natürlich ein Engpass.
Und: Wir wollen wieder mehr Leben auf dem Campus! Mit digital unterstützten aber auch Präsenz-Lehrangeboten wollen wir unsere Studierenden nach Corona wieder von der Attraktivität des Campus überzeugen und darüber hinaus den Campus neu beleben. Zum Teil herrscht eben doch noch eine gewisse Post-Corona-Zurückhaltung. Campusleben gelingt am besten mit Veranstaltungen, – und da reden wir nun nicht nur von Lehrveranstaltungen –, die für alle etwas bieten. Wir arbeiten hier intensiv an Ideen, wie Festen und kollaborativen Formaten, die auch dieses Jahr schon umgesetzt werden sollen und bei denen unsere Studierenden explizit eingeladen sind, sich zu beteiligen. Dazu hat auch der AStA bereits eine riesige Bereitschaft signalisiert, über die ich mich sehr freue.
Und „nach außen“? Welche Projekte stehen 2023 an?
Wir werden die Vernetzung mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen vorantreiben. Der Kooperationsvertrag beispielsweise mit dem RWI – Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung e.V. steht kurz vor der Unterzeichnung. Wenn wir uns der Vernetzung in die Region widmen, wird es zukünftig außerdem darum gehen, Unternehmen und Studierende noch besser zusammenzubringen. Hier sind auch die Unternehmen selbst gefragt, mit Exkursions- und Praktikumsangeboten ihren Namen sozusagen auf den Campus zu werfen. Auch über das Stiften von Deutschlandstipendien kann man engagierte Studierende kennenlernen. Die Vernetzung von potenziellen Arbeitgebenden mit unseren Studierenden wollen wir unterstützen und begleiten, damit beide Seiten auch voneinander wissen. Es ist ein wichtiges Puzzleteil bei unserem Vorhaben, zukünftig die Chancen im Circular Valley zu nutzen. Und wir wollen selbstverständlich nicht nur unser eigenes Ding machen, sondern laden jede und jeden zum Austausch ein. Hier haben wir unter anderem bewährte Formate wie Vortragsreihen, in denen unsere Wissenschaftler*innen an Orten außerhalb der Uni ihre Forschung einem breiten Publikum auf unterhaltsame Weise näherbringen. Auch das werden wir jeweils engagiert kommunizieren.
Einige Veränderungen sieht man auf den ersten Blick mehr als andere: Wie geht es baulich an der BUW weiter?
Umfassend ist der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW), in dessen Zuständigkeit ein Großteil unserer Baumaßnahmen fällt, aktuell mit der sogenannten Teilportfolioanalyse beschäftigt. Hierbei geht es darum, zu überprüfen, wie sich Bau- und Gebäudebedarfe zum Beispiel auch auf Grund der Digitalisierung verändert haben und Vorhaben von Sanierungsarbeiten und Neubauten entsprechend anzupassen. Im Kleinen soll es schon sehr bald sichtbare Veränderungen geben. Bei drei Bauprojekten, die wir eigenständig durchführen, geht es um einen Raum der Stille, eine geplante „Ideenfabrik“ sowie ein „Café Zentral“. Wir kommen damit – auch in Zusammenarbeit mit dem HSW – dem Wunsch der Studierenden nach besseren Aufenthalts- und Austauschmöglichkeiten nach. Der Campus muss ein Ort sein, der durch vielfältige Angebote einladend ist.
Der Tatendrang ist deutlich spürbar. Was stimmt Sie optimistisch, Ihre Ziele zu erreichen?
Zweierlei: Zum einen, das habe ich schon mehrfach betont, bietet unsere Universität schon viel, hat sich in der Vergangenheit prächtig entwickelt. Zum anderen: das große Potenzial, das hier viele sehen und gemeinsam nutzen wollen. Wir führen zahlreiche Gespräche mit Mitgliedern unserer wunderbaren Universität, die Ideen haben und mit uns vorangehen wollen. Das ist eine tolle Atmosphäre und stimmt ganz einfach positiv. Mit diesem Spirit wollen wir auf andere zugehen – heutige und zukünftige Studierende, zukünftige Kooperationspartner, Wissenschaftler*innen und Bürger*innen – und sie einladen, mitzugehen.
Wenn es nach mir geht und alles gut läuft, können wir in ein paar Jahren sagen, dass Lehrkräfte- sowie MINT-Fachkräftemangel kein Thema mehr sind, weil wir uns das Thema, natürlich im Zusammenwirken mit den anderen Universitäten, auf unsere Agenda geschrieben haben; dass wir noch bessere sogenannte „Betreuungsrelationen“ in den Studiengängen haben und Absolvent*innen in der Region bleiben, weil sie sich hier schon während ihres Studiums ein gutes Netzwerk aufgebaut haben. Und in der Forschung werden wir auch gut vorangekommen sein.