Kooperation
Messflüge sollen über Klimawandel in der Arktis aufklären

Fliegendes Labor: Ausgestattet mit zahlreichen Messinstrumenten hilft das Forschungsflugzeug HALO, den Klimawandel in der Arktis besser zu verstehen. // Foto DLR
Die Messkampagne ASCCI (steht für: „Arctic Springtime Chemistry-Climate Investigations“) beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie die Gase Ozon und Wasserdampf in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre – also vom Erdboden aus gesehen in Höhen zwischen etwa fünf und 15 Kilometern – den Klimawandel in der Arktis beeinflussen und von ihm beeinflusst werden. Die Kampagne untersucht speziell die Prozesse, die im Frühjahr stattfinden. Denn dazu gehört unter anderem der Abbau des Ozons in der Stratosphäre, der negative Folgen hat – sowohl für den Menschen als auch für seine Umwelt –, da mehr UV-Strahlung auf die Erdoberfläche gelangt. Vor allem in Jahren mit kalter Stratosphäre ist es möglich, dass ein signifikanter Teil der arktischen Ozonschicht zerstört wird.
„Es gibt in der Stratosphäre wärmere und kältere Winter, das ist eine ganz normale Variabilität von Jahr zu Jahr. Darüber hinaus beobachten wir aber, dass durch die Zunahme von Treibhausgasen die Stratosphäre immer kälter wird, während die Temperaturen am Boden und in der Troposphäre immer weiter ansteigen“, sagt Professor Björn-Martin Sinnhuber vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Institut für Technologie, das die Kampagne gemeinsam mit der Goethe-Universität Frankfurt koordiniert.
Prozess wird noch immer angestoßen
„In diesem Winter waren die Temperaturen in der arktischen Stratosphäre kälter als je zuvor gemessen. Und obwohl Fluorchlorkohlenwasserstoffe und andere ozonzerstörende Substanzen schon seit Jahrzehnten nicht mehr produziert werden, wird es noch Jahrzehnte dauern, bis sie vollständig aus der Atmosphäre verschwunden sind“, so der Experte.
Die Chlorverbindungen werden bei Temperaturen unter minus 78 Grad Celsius chemisch so umgewandelt, dass sie die Ozonschicht angreifen und teilweise zerstören. Derzeit sind noch so viel ozonschädigendes Chlor und Brom in der Stratosphäre vorhanden, dass dieser Prozess weiterhin angestoßen wird.
Gleichzeitig befindet sich durch den Ausbruch des Unterwasservulkans Hunga-Tonga vor drei Jahren immer noch deutlich mehr Wasser in der Stratosphäre als normal. Auch wie sich das auf die Ozonschicht auswirkt, wollen die Forschenden während ASCCI untersuchen.
Im Frühjahr werden zudem vor allem Luftschadstoffe in die Arktis transportiert, die dort als kurzlebige Treibhausgase wirken können. Ein weiteres Ziel der Kampagne ist es, diese Prozesse durch gezielte Messungen besser nachzuvollziehen.

Forschungsflug mit HALO im März 2025 in die Arktis über Spitzbergen in rund 13 Kilometern Höhe. // Foto Thomas Gulde, KIT
HALO als „Fliegendes Labor“ mit zahlreichen Instrumenten bestückt
Die Messflüge finden mit dem Forschungsflugzeug HALO statt, das bis Anfang April im nordschwedischen Kiruna stationiert ist. Ein zentrales Messinstrument an Bord ist das Infrarotspektrometer GLORIA. Es zählt zu den wenigen Instrumenten weltweit, das hochaufgelöste vertikale Verteilungen einer Vielzahl von Spurenstoffen in großen Höhen messen kann.
Atmosphärenphysiker der Bergischen Universität steuern zur Beantwortung der wissenschaftlichen Fragestellungen der Kampagne das eigens für HALO entwickelte Instrument HAGAR-V bei. Es kombiniert in drei Messmodulen unterschiedliche Messverfahren, um über 30 relevante Spurengase mit hoher Zeitauflösung und Präzision zu messen.
„Unsere Messungen umfassen neben Kohlendioxid und weiteren Treibhausgasen eine Vielzahl von Luftschadstoffen und vor allem auch die meisten chlor- und bromhaltigen Gase, die für die Zerstörung der Ozonschicht verantwortlich sind“, erläutert Prof. Michael Volk vom Institut für Atmosphären- und Umweltforschung der Bergischen Universität Wuppertal. „Zusätzlich erlauben diese räumlich hochaufgelösten Messungen Rückschlüsse auf den Transport und Austausch von Spurenstoffen in der Troposphäre und unteren Stratosphäre, deren Verständnis unter anderem für eine genauere Prognose der zukünftigen Entwicklung der Ozonschicht unabdingbar ist.“
An der ASCCI-Kampagne sind das Karlsruher Institut für Technologie, die Goethe-Universität Frankfurt, das Forschungszentrum Jülich, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie die Bergische Universität Wuppertal, die Universität Heidelberg und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz beteiligt.
Über HALO
Das Forschungsflugzeug HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des KIT, des Forschungszentrums Jülich und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR). Das DLR ist zugleich Eigner und Betreiber des Flugzeugs.