Ganztagsbetreuung: Ein Rechtsanspruch mit Folgen
Hintergrund der Forschung
In der 19. Legislaturperiode wurde ein bundesweiter Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter beschlossen. Das im Oktober 2021 in Kraft getretene Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) regelt, dass für Kinder ab der ersten bis zum Beginn der fünften Jahrgangsstufe ein Betreuungsangebot von acht Stunden an fünf Tagen in der Woche vorgehalten werden muss. Im Schuljahr 2026/27 wird dieser Anspruch bereits für Schüler*innen der ersten Jahrgangsstufe gelten
„Trotz der Finanzhilfen des Bundes, das können wir nun gesichert sagen, werden die Länder und vor allem die Kommunen massiv in den Ausbau und die Unterhaltung von Ganztagsplätzen investieren müssen“, so Dr. Anna M. Makles mit Blick auf die Ergebnisse des Berichts. „Wir können diese Kosten aber auch genauer beziffern“, ergänzt Dr. Kerstin Schneider. „Durch die Kooperation mit der Stadt Frankfurt a.M. konnten wir eine Methode zur Abschätzung der nun auf die Kommunen zukommenden Kosten entwickeln und direkt auf das Beispiel Frankfurt a.M. anwenden.“
Betreuungskosten schlagen zu Buche
Es zeigt sich, dass auch für eine Stadt wie Frankfurt a.M., die heute schon ein sehr gutes Angebot hat, die Folgekosten des Rechtsanspruchs erheblich sind. Alleine die laufenden Kosten der Betreuung (z. B. Personal, Sachmittel, Essensversorgung, Betriebskosten) belaufen sich auf 8.000 bis 10.000 Euro „pro Kopf und Jahr,“ berichtet Anna M. Makles. „Das sind nicht unerhebliche jährliche Kosten für jeden neu zu schaffenden Platz, die natürlich zusätzlich zu den bisherigen Ganztagskosten entstehen werden“, konkretisiert Stadträtin Sylvia Weber. Dies sind zwar Orientierungswerte für das konkrete Beispiel Frankfurt a.M., zeigen aber auch anderen Kommunen, in welche Richtung die Kosten laufen werden.
Hohe Investitionskosten an Horten und Schulen
Hinzu kommen gegebenenfalls noch Investitionskosten, wenn der vorhandene Schulraum nicht ausreicht, um die Ganztagsbetreuung sicherzustellen. Eine bereits sehr gut aufgestellte Großstadt wie Frankfurt a.M. müsste, wenn alle Grundschüler*innen betreut werden wollen, bis zu 8.000 zusätzliche Plätze schaffen – auch räumlich. Das geht nur mit zusätzlichen Investitionen insbesondere an Schulen und Horten. Und: „In einer Stadt wie Frankfurt a.M. einen Hort oder eine Ganztagsgrundschule zu bauen kann sehr teuer werden“, sagt die Leiterin des Stadtschulamts in Frankfurt a.M., Ute Sauer. Die ‚günstigste‘ Variante wäre mit gut 6.000 bis 7.000 Euro Investitionskosten pro Kopf natürlich das Umbauen von vorhandenen Räumen zu Ganztagsflächen (wie z. B. Projekträume, Speiseräume). „Doch kaum eine Grundschule in unserer Stadt hat ‚freie‘ Flächen, die man mal eben umnutzen könnte und auch Grundstücksflächen für Anbauten sind Mangelware“, ergänzt die Dezernentin. Neben den hohen Kosten kommen also noch Herausforderungen in der Umsetzung wie etwa die integrierte Nutzung und Planung von Räumen hinzu. „Frankfurt a.M. steht damit aber nicht alleine da. So geht es auch vielen anderen Kommunen, vor allem in den Ballungsgebieten Deutschlands“, so Sylvia Weber abschließend.
Ortsspezifisch Kennzahlen und Folgekosten
„Am Beispiel von Frankfurt a.M. haben wir jedoch gezeigt, welche Daten, Kennwerte und Berechnungsschritte in die Abschätzung der Folgekosten des GaFöG in jeder Kommune einfließen müssen, um ein realistisches Bild der eigenen Situation zu bekommen“, fasst Kerstin Schneider zusammen. „Denn eins sehen wir ganz deutlich“, so Anna M. Makles: „Die tatsächliche Höhe der Kosten hängt stark von der Situation vor Ort ab!“
Der Forschungsbericht ist hier abrufbar.
Über das WIB
Das WIB - Wuppertaler Institut für bildungsökonomische Forschung ist eine fakultätsübergreifende, von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft - Schumpeter School of Business and Economics und dem Institut für Bildungsforschung (IfB) in der School of Education getragene wissenschaftliche Einrichtung der Bergischen Universität Wuppertal. Mit dem WIB wird im Rahmen der Forschung maßgeblich das Ziel verfolgt, ein Kompetenzzentrum für die Forschung in der Bildungsökonomik zu schaffen, das auch Aufgaben der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in diesem Forschungsgebiet wahrnimmt. Insbesondere werden am Institut aktuelle und relevante Fragen auf dem Gebiet der Bildungsökonomik, Bildungsforschung und Bildungspolitik untersucht.
www.wib.uni-wuppertal.de
www.frankfurt-macht-schule.de
Kontakt:
WIB – Wuppertaler Institut für bildungsökonomische Forschung
Prof. Dr. Kerstin Schneider
Telefon 0202/439-2483
E-Mail schneider[at]wiwi.uni-wuppertal.de
Dr. Anna M. Makles
Telefon 0202/439-3783
E-Mail makles[at]wiwi.uni-wuppertal.de
Stadt Frankfurt am Main
Stabsstelle Pädagogische Grundsatzplanung
E-Mail Frankfurt-bildet-Regionen.amt40[at]stadt-frankfurt.de