Mehr Speicherkapazitäten schaffen
Forschungsprojekt „Re-use“ treibt innovative Weiternutzung von Elektrofahrzeugbatterien voran
Über die Entwicklung verlässlicher Prüf- und Klassifizierungsverfahren will das Projektkonsortium um Second Life Batteries GmbH (Projektleitung), BLC – The Battery Lifecycle Company GmbH, Bergische Universität Wuppertal und Keysight Technologies Deutschland GmbH ermöglichen, dass ausgediente Elektrofahrzeugbatterien als stationäre Energiespeicher mit garantierter Leistungs- und Nutzungseffizienz eingesetzt werden können. Diese Innovation soll die Markteinführung von „Second Life“-Batterien für private und gewerbliche Anwendungen fördern.
Für die Prüfung der gebrauchten Elektrofahrzeugbatterien werden bereits technische Instrumente und Methoden entwickelt. Ein innovatives Prüfgerät soll in Zukunft die verschiedenen Zustände der Batterien effizient ermitteln und bewerten können. Diese Entwicklungen ermöglichen eine selektive Nutzung der Batterien und fließen in den „Batteriepass“ bzw. Digital Product Passport (DPP) ein, welcher Informationen über die Nachhaltigkeit und den Lebenszyklus der Batterien enthält. So lässt sich zukünftig verlässlich feststellen, für welchen weiteren Einsatz die Batterie am besten geeignet ist.
Die Projektpartner ordnen ein
Prof. Dr.-Ing. Benedikt Schmülling, Inhaber des Lehrstuhls für Elektromobilität und Energiespeichersysteme an der Bergischen Universität, sagt: „Das ,Re-use‘-Projekt ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Forschung und Industrie gemeinsam nachhaltige Lösungen vorantreiben können. An der Bergischen Universität Wuppertal arbeiten wir daran, robuste und zuverlässige Prüfmethoden zu entwickeln, die die Wiederverwendung von Elektrofahrzeugbatterien optimieren. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Ressourceneffizienz zu steigern und die Umweltauswirkungen zu minimieren.“
Stefan Naust, Geschäftsführer von Second Life Batteries GmbH und Projektkoordinator: „Das Projekt ,Re-use‘ zielt darauf ab, ein marktfähiges Produkt aus wiederverwendeten Lithium-Ionen-Batterien zu schaffen. Hierbei soll ein Garantieversprechen für Kapazität und Nutzungsdauer der Batterien entwickelt werden, um deren breite Akzeptanz und Anwendung zu fördern. Die Batterien sollen gemäß ihrem Erhaltungszustand (State of Health) neu definiert und angeboten werden.“
„Durch die Nutzung von End-of-Life-Fahrzeugbatterien als stationäre Stromspeicher wird eine deutliche Ausweitung der Verfügbarkeit von Speicherkapazitäten in stationären Anwendungen ermöglicht“, ergänzt Mathias Nippraschk, Projektleiter von Seiten BLC. „Aktuell konkurrieren Hersteller stationärer Speicher mit der Automobilindustrie, die für die Elektrifizierung der Mobilität eine sehr hohe Nachfrage bei allen Batterieproduzenten darstellt. Die Nutzung zertifizierter ,Second Life‘-Batterien kann diesen Engpass mittelfristig entschärfen.“
Mehr Hintergrund: Genug „Saft“ für andere Aufgaben
Unter anderem bestimmte chemische Verschleißmechanismen, die nicht zu verhindern sind, führen dazu, dass die Batterien für ihren Einsatz im E-Auto nicht mehr leistungsfähig genug sind. Derzeit gängige Praxis ist, dass die Elektrofahrzeugbatterien nach einer Nutzungsdauer von bis zu acht Jahren ausgetauscht und entsorgt bzw. zwischengelagert werden. Ihre Rohstoffe sind wertvoll, ihr Recycling ist allerdings noch sehr arbeits- sowie energieintensiv, womit sich der CO₂-Fußabdruck der Batterien erheblich vergrößert. Zudem ist der Prozess wirtschaftlich noch unrentabel, da der Wert der zurückgewonnenen Materialien die Kosten des mehrschrittigen Verfahrens nicht deckt.
Umso bemerkenswerter: Mit Ablauf der Garantie vom Fahrzeughersteller besitzen die ausgebauten Batterien immer noch einen Energieinhalt von 50 bis 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität. Das macht sie attraktiv für viele andere Einsatzmöglichkeiten. Zum Beispiel als Stromspeicher für den privaten Haushalt, Notstromaggregate oder auch – in Form mehrerer zusammengeschalteter Batterien – als Großspeicher für die Industrie zum Speichern und Nutzen von Solar- und Windstrom für die Produktion. Durch diese Wiederverwendung der Batterien als stationäre Energiespeicher kann eine deutliche Verzögerung der Recyclingprozesse erreicht werden. Das reduziert nicht nur den CO₂-Ausstoß, sondern trägt auch zur Entspannung der derzeit knappen Recyclingkapazitäten bei.
Gefördert wird das Vorhaben „Re-Use – Re-purpose von Elektrofahrzeug-Batterien“ im Rahmen des Innovationswettbewerbs GreenEconomy.IN.NRW vom Land Nordrhein-Westfalen und der Europäischen Union mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und über den Just Transition Fund (EFRE/JTF-Programm NRW 2021-2027). Der Bergischen Universität Wuppertal stehen rund 718.000 Euro zur Verfügung.