Prof. Dr.-Ing. Ulrike Reutter / Öffentliche Verkehrssysteme
und Mobilitätsmanagement
Foto: UniService Transfer

„Wer in der Stadt ohne Auto leben will, der kann das!“…

Ein Gespräch mit der Leiterin des Lehr- und Forschungsgebietes Öffentliche Verkehrssysteme und Mobilitätsmanagement, Prof. Dr.-Ing. Ulrike Reutter

…erklärt Prof. Dr.-Ing. Ulrike Reutter ganz entspannt, und ergänzt, dass sie seit 1988 keinen Pkw im Haushalt mehr besitzt. Sie straft damit scheinbar alle diejenigen Lügen, die sich ein Leben ohne Auto gar nicht erst vorstellen mögen. Es hat mit geschickter Organisation zu tun und dem Willen nach Veränderung, der dazu führt, dass man bei der Wahl seiner Wohnlage die Erreichbarkeiten seiner alltäglichen Ziele zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit dem öffentlichen Verkehr berücksichtigt, Umweltschutz ernst nimmt und sich mehr Gedanken zu Alternativen macht.

Und da hat die studierte Raumplanerin eine ganze Menge an Ideen mit nach Wuppertal gebracht.

Seit 2015 leitet sie hier das Lehr- und Forschungsgebiet Öffentliche Verkehrssysteme und Mobilitätsmanagement in der Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen der Bergischen Universität. Die Erweiterung des Begriffs des Mobilitätsmanagements für ihr Forschungsgebiet ist auch das zentrale Thema ihres aktuellen Projektes mit dem Titel „BMM HOCH DREI - Betriebliches Mobilitätsmanagement im Bergischen Städtedreieck“. In diesem Projekt, berichtet ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Katharina Schmitt begeistert, wird für ausgewählte Unternehmen der Region eine individuelle verkehrsbezogene Standortanalyse für die Mitarbeitermobilität angefertigt. Damit können Verkehre der Betriebe – z.B. im ÖPNV, mit Fahrrädern oder als Fahrgemeinschaften – gestaltet und ggfls. effizient und nachhaltig umorganisiert werden.

Natürlich gehört die Universität selbst auch zu einem dieser Projektbetriebe. Gibt es hier ökologische Vorteile für Studierende und Mitarbeiter*innen, wenn sie ihr Mobilitätsverhalten ändern und können damit sogar Kosten eingespart werden? Das ist nach Reutters Ansicht immer dann möglich, wenn dem Nutzer Anreize zur Verhaltensänderung gegeben werden. An der Bergischen Universität wäre es zumindest denkbar, dass z.B. Dienstreisen mit öffentlichem Bus- oder Bahnverkehr und örtlichem Car-Sharing durchgeführt werden und so den Privat-PKW weitgehend ersetzen können. Fahrgemeinschaften könnten gegründet, Fahrradstationen eingerichtet werden. Der Parkraum würde entlastet und die Hochschule könnte einen spürbaren Beitrag zum Umweltschutz leisten, denkt man nur an den sinkenden CO2 Ausstoß.

Urbane Seilbahn

Gute Kontakte bestehen zu den Wuppertaler Stadtwerken, für die u.a. Verbesserungsvorschläge für den Schwebebahnverkehr erarbeitet wurden. Dr. Volker Albrecht, ebenfalls Mitarbeiter im Team Reutter, untersuchte dazu mit Studierenden des Verkehrswirtschaftsingenieurwesens die Betriebsabläufe im Schwebebahnverkehr zu Stoßzeiten.

Mit dem Thema „Seilbahn“ beschäftigt sich das Forschungsgebiet bereits seit 2014. Gerade bei einem so hitzig diskutieren Thema rät Ulrike Reutter zu einem rationalen Umgang. Es gilt, Fragen zu beantworten und dafür bestmögliche Lösungen zu finden, z.B. jene: Was macht das neue Verkehrsmittel innovativ und besonders? Welche Auswirkungen hätte eine Seilbahn auf das bestehende Busnetz? Welche Auswirkungen hat die Seilbahn auf die Anwohner und wie können etwaige Probleme vermieden oder vermindert werden?

Vorteile sieht sie u.a. in der hohen Leistungsfähigkeit, der verringerten Luft- und Lärmbelastung, dem Imagegewinn für die gesamte Stadt und nicht zu vergessen im Beitrag für den Klimaschutz.

Fahren Sie Fahrrad?

Und wie sieht ihr eigenes Mobilitätsmanagement aus? Prof. Reutter ist begeisterte Pedelec-Fahrerin. Zwar sind die Wuppertaler Fahrradwege noch sehr „verbesserungswürdig“ aber die Nordbahntrasse findet sie „toll“.

Und dann freut sie sich auf den 21. Bundesweiten Umwelt- und Verkehrskongress, einem Wanderkongress, der im März erstmalig in Wuppertal präsentiert wird (http://www.buvko.de). Daran nehmen zahlreiche Lehrstühle des Fachzentrums Verkehr an der BUW teil und auch die Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen mitzumachen. Speziell dazu gibt es am 11. März innerhalb des Kongresses einen Zeitraum um 17.30 Uhr für das Bürgerschaftliche Engagement, welches vom städtischen Dezernat für Bürgerbeteiligung, unter der Leitung von Panagiotis Paschalis, aktiv unterstützt wird.Und welche Studierenden suchen Sie?

In Wuppertal, sagt Reutter, beschäftigen sich insgesamt zehn Professoren mit dem zentralen Thema Mobilität und Verkehr in Lehre und Forschung. Junge Menschen, die an zukunftsorientierten Mobilitätslösungen interessiert sind, die Umweltschutz aktiv mitgestalten möchten und professionelle rationale Lösungen für emotionale Probleme (z.B. Zugverspätung oder Stau auf der Autobahn) finden wollen, werden von der Fakultät herzlich willkommen geheißen.

Neue fachliche Kontakte in Wuppertal konnte die zweifache Mutter schnell knüpfen. Und sie setzt sich für ihre Studenten ein. Ihrem Mitarbeiter Marko Sonder vermittelte sie ein Promotionsprojekt in Kooperation mit einem Carsharing-Dienstleister in Mannheim und Heidelberg. Dort beschäftigt er sich mit der Zukunft von Free-Floating-Systemen, also innerstädtischen, stationsunabhängigen Angeboten zum Autoteilen und deren Auswirkungen auf das Nutzerverhalten.In ihrer Antrittsvorlesung im Juli 2016 sagte sie über die neuen Herausforderungen:

„Wir müssen forschen, lehren und handeln!“

Nach dem Gespräch ist klar. Sie kann das.

Uwe Blass (Gespräch vom 18.01.2017)

Ulrike Reutter hat an der Universität Dortmund (heute: TU Dortmund) Raumplanung studiert und mit der Dissertation „Autofreies Leben in der Stadt“ promoviert.
Sie war tätig am Forschungsschwerpunkt Stadterneuerung der Hochschule der Künste Berlin (heute: Universität der Künste Berlin) und von 1987 bis 2011 im ILS - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund. Dort leitete sie von 2008 bis 2011 das Forschungsfeld „Mobilität“.
Von 2011 bis 2015 war Frau Reutter an der Technischen Universität Kaiserslautern Professorin für Verkehrswesen und leitete das dortige Fachgebiet imove – Institut für Mobilität & Verkehr. Zum Sommersemester 2015 hat sie einen Ruf an die Bergische Universität Wuppertal angenommen und leitet hier seitdem das Lehr- und Forschungsgebiet Öffentliche Verkehrssysteme und
Mobilitätsmanagement.
 

https://www.oevm.uni-wuppertal.de/home/team/univ-prof-dr-ing-ulrike-reutter.html

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